(E-E) Ev.g.e.n.i.j ..K.o.z.l.o.     Berlin                                                  

(E-E) Evgenij Kozlov – «Коллекция 2х3м» – русский текст >> /// The Collection 2x3m – English summary >>

(E-E) EVGENIJ KOZLOV "Die Sammlung 2x3m"

Kuratorin: Hannelore Fobo

Text und Dokumentation: Hannelore Fobo, April 2019

1. Das Konzept der „Sammlung 2x3m“
2. Der Beginn der „Sammlung 2x3m“
3. (E-E) Evgenij Kozlov „Der Große Le-ye-nin”
4. Die Ausstellungen
5. Die Berliner Jahre
6. „Die Sammlung 2x3m“ aus heutiger Sicht
7. (E-E) Evgenij Kozlov – Kurzbiographie
8. Die Bilder der „Sammlung 2x3m“





 (E-E) Evgenij Kozlov „Der Große Le-yeh-nin”

Als Evgenij Kozlov 1989 von Peterhof zurück nach Leningrad zog, änderte er auch den Namen seines Ateliers: von „Galaxy Gallery“ zu „Russkoee Polee“, korrekt übersetzt mit „Das Russische-e Fe-eld“ mit dem doppelten „E“, das ab 2005 zu seiner Signatur wurde. Knapp zwei Jahre lang hatte er dieses Atelier zur Verfügung.

Der Weg vom Kosmos auf die Erde bedeutete eine erhebliche Verbesserung seiner räumlichen Situation, die ihm die Entwicklung seiner Motive in großem Umfang erlaubte. Die größte bereits grundierte Leinwand, die damals zu kaufen war, hatte die Maße von zwei mal drei Metern, und auf diese Größe übertrug der Künstler die sechs Motive des Zyklus’ „Die Neue Klassik“, die er bereits auf Bushalteschildern entworfen hatte, wobei zwei der Motive jeweils eine Tag- und eine Nachtversion erhielten. Gemälde aus dem Zyklus wurden in Deutschland (1991), Frankreich (1991) und Polen (2016) ausgestellt. mehr>>

So ist es kein Zufall, dass Kozlov im „Russischen Feld“ das Konzept für die „Sammlung 2x3m“ entwickelte: die Erfahrung, mithilfe eines großen Formates neue Ausdrucksmöglichkeiten zu finden, wollte er mit seinen Künstlerkolleginnen und –kollegen teilen, von denen viele sehr beengt arbeiteten.

Interessanterweise hat Kozlov selbst kein Bild speziell für die Sammlung gemalt, und so entschied er sich anlässlich der zweiten Ausstellung der „Sammlung 2x3m“, die im Oktober 1991 im Rahmen des großen Sankt Petersburg Festivals „Les Allumées“ in Nantes, Frankreich stattfand, für sein Lenin-Porträt „Der Große Le-yeh-nin. Es stammt aus dem Jahr 1990 und hat dasselbe Format von 3x2 Metern.

Vladislav Mamyshev-Monroe und (E-E) Evgenij Kozlov während der Eröffnung der Ausstellung Умелые ручки / Geschickte Hände im Mayak Club, Leningrad am 17. 05. 1990. Links im Bild Kozlovs „Der Große Le-yeh-nin”.

Vladislav Mamyshev-Monroe und (E-E) Evgenij Kozlov während der Eröffnung der Ausstellung Умелые ручки / Geschickte Hände im Mayak Club, Leningrad am 17. 05. 1990. Links im Bild Kozlovs „Der Große Le-yeh-nin”. mehr >>

Dieser Lenin mit den roten Augäpfeln symbolisiert gewissermaßen Kozlovs Abschiedsgruß an eine ganze Epoche. Die roten Augen stellen die wahre Natur Lenins dar – die Gnadenlosigkeit, mit der er und seine Genossen ohne Rücksicht auf Verluste die russische Gesellschaft „umformten“. Kozlov hatte das Bild zum ersten Mal im Mai 1990 in der Ausstellung „Geschickte Hände“ im Club Mayak gezeigt. mehr >> In Nantes hing „Der Große Le-yeh-nin” als markanter Blickpunkt direkt neben dem Eingang zur Ausstellung.

(E-E) Evgenij Kozlov am Eingang zur Ausstellung „Nevski Prospekt Underground“ während des Festivals „Les Allumées“ in Nantes, Frankreich (Oktober 1991). Links im Bild: Kozlovs Lenin-Porträt „Der Große Le-yeh-nin. Foto: Hannelore Fobo

(E-E) Evgenij Kozlov am Eingang zur Ausstellung „Nevski Prospekt Underground“ während des Festivals „Les Allumées“ in Nantes, Frankreich (Oktober 1991). Links im Bild: Kozlovs Lenin-Porträt „Der Große Le-yeh-nin". Foto: Hannelore Fobo


Ausstellungseröffnung „Nevski Prospekt Underground“ im Rahmen des Festivals „Les Allumées“ in Nantes, Frankreich (Oktober 1991). An der Wand: (E-E) Evgenij Kozlov „Der Große Le-yeh-nin“. Standbild aus Kozlovs Videodokumentation.

Ausstellungseröffnung „Nevski Prospekt Underground“ im Rahmen des Festivals „Les Allumées“ in Nantes, Frankreich (Oktober 1991). An der Wand: (E-E) Evgenij Kozlov „Der Große Le-yeh-nin“. Standbild aus Kozlovs Videodokumentation.


 „Der Wilde Osten“ (Edition Stemmle, 1991), rechts im Bild: (E-E) Evgenij Kozlov „Der Große Le-yeh-nin”.

„Der Wilde Osten“ (Edition Stemmle, 1991), rechts im Bild: (E-E) Evgenij Kozlov „Der Große Le-yeh-nin”.

Dass „Der Große Le-yeh-nin” auch im Westen als Symbol für das Ende einer Epoche gesehen wurde, zeigt der Bildband von 1991 „Der Wilde Osten“ (Edition Stemmle), auf dessen Cover Andrej Reisers Aufnahme aus dem Russischen Feld von 1990 zu sehen ist. Vladislav Mamyshev-Monroe posiert im Monroe-Outfit mit einem von ihm übermalten Gorbatschow-Poster vor seinem „2x3m“ Gemälde „Hat sie sich vergiftet? Nein, sie haben sie zu Tode gehetzt“ mehr >>. Den größten Teil der Aufnahme nimmt jedoch „Der Große Le-yeh-nin” ein, dessen dämonischer Blick den Betrachter hypnotisiert.

(E-E) Evgenij Kozlov mit dem Poster zu Ausstellung „Der Wilde Osten“ im Deutschen Historischen Museum, 6. 12. 1991 - 11.2. 1992. Das Poster mit Aufnahme von Andrej Reiser zeigt Vladislav Mamyshev-Monroe im Monroe-Outfit mit einem von ihm übermalten Gorbatschow-Poster. Er posiert vor seinem „2x3m“ Gemälde „Hat sie sich vergiftet? Nein, sie haben sie zu Tode gehetzt“. Rechts Kozlovs „Der Große Le-yeh-nin”. Im Hintergrund: Kozlovs Werke aus dem Zyklus „E-E Fairy Tale“ (2018) und „Gehirn“ (2019) Foto: Hannelore Fobo, 2019

(E-E) Evgenij Kozlov mit dem Poster zu Ausstellung „Der Wilde Osten“ im Deutschen Historischen Museum, 6. 12. 1991 - 11.2. 1992. Das Poster mit Aufnahme von Andrej Reiser zeigt Vladislav Mamyshev-Monroe im Monroe-Outfit mit einem von ihm übermalten Gorbatschow-Poster. Er posiert vor seinem „2x3m“ Gemälde „Hat sie sich vergiftet? Nein, sie haben sie zu Tode gehetzt“. Rechts Kozlovs „Der Große Le-yeh-nin” mehr >>
Im Hintergrund: Kozlovs Werke aus dem Zyklus „E-E Fairy Tale“ (2018) und „Gehirn“ (2019)
Foto: Hannelore Fobo, 2019

Kozlovs „Leninperiode“ dauerte bis 1991 – ein gutes Jahr, was allerdings nicht bedeutet, dass er sich in dieser Zeit außerschließlich oder auch nur überwiegend mit Lenin beschäftigte. Zahlenmäßig bilden sie den geringeren Teil dieser Werkperiode. Er experimentierte jedoch mit verschiedenen Darstellungen Lenins. Im Gegensatz zu „Der Große Le-yeh-nin” sind die meisten ironisch und sogar erotisch.

„RUSSKOEE POLEE – Das Russische Feld“, Atelier (E-E) Evgenij Kozlov, Leningrad, 1990. Kozlovs Bilder stammen aus dem Jahr 1990. In der oberen Reihe sieht man drei "Lenins": links „Die Tropfen des Führers“ (120 x 80 cm) und in der Mitte das Diptychon „Lenin in New York“ und „Lenin in Leningrad, jeweils 100 x 75 cm. Foto: Hannelore Fobo 1990.

„RUSSKOEE POLEE – Das Russische Feld“, Atelier (E-E) Evgenij Kozlov, Leningrad, 1990. Kozlovs Bilder stammen aus dem Jahr 1990. In der oberen Reihe sieht man drei "Lenins": links „Die Tropfen des Führers“ (120 x 80 cm) und in der Mitte das Diptychon „Lenin in New York“ und „Lenin in Leningrad, jeweils 100 x 75 cm. Zur Übersicht von Kozlovs Werken von 1990 >>
Foto: Hannelore Fobo 1990.

Seine Serie „Leninskaya Erotika“ von 1990 wurde zu seiner ersten Einzelausstellung im Westen (Raab Galerie, Berlin, 1991) mehr >> . Danach wurde sie in Hamburg (Der Weg der Ockerfarbenen Elefanten, 1991) und Cherbourg (Le passage des éléphants ocre, 1991) gezeigt.

Hannelore Fobo bei der Eröffnung von (E-E) Evgenij Kozlovs Ausstellung „Leninskaya Erotika“ in der Raab Galerie, Berlin, 1991. Das sogenannte „Lenin-Kleid“ und die Ohringe sind geschmückt mit zahllosen Lenin-Ansteckern. Foto: Ingrid Oswald.

Hannelore Fobo bei der Eröffnung von (E-E) Evgenij Kozlovs Ausstellung Leninskaya Erotika“ in der Raab Galerie, Berlin, 1991. Das sogenannte „Lenin-Kleid“ und die Ohringe sind geschmückt mit zahllosen Lenin-Ansteckern. Foto: Ingrid Oswald. mehr >>

Besucher des Russischen Feldes widmeten dem „Lenin-Zimmer“ besondere Aufmerksamkeit. Dabei handelte es sich um das Badezimmer, das Kozlov mit diversen Lenin-Memorabilien ausstatte. Hier fanden sich Büsten, Plakate, Anstecker, aber auch Geschenke, die er von seinen Freunden erhielt, wie übermalte Postkarten und anderes. 

Das „Lenin-Zimmer“ im „Russischen Feld“ 1990. Foto: Hannelore Fobo

Das „Lenin-Zimmer“ im „Russischen Feld“ 1990. Foto: Hannelore Fobo

Vladislav Mamyshev-Monroe beteiligte sich mit großem Vergnügen an der Entmythologisierung Lenins und schenkte Kozlov diverse kleinere Arbeiten für das „Lenin-Zimmer“.

Vladislav Mamyshev-Monroe: Übermalte Postkarte mit einem Motiv von Z. Azgur „W. I. Lenin mit einem kleinem Mädchen“ (З. Азгур „В. И. Ленин с девочкой“) und Mamyshevs handschriftlicher Widmung „Жене Козлову от Владика Monroe“ (Für Zhenya Kozlov von Vladik Monroe), 1989.

Vladislav Mamyshev-Monroe: Übermalte Postkarte mit einem Motiv von Z. Azgur „W. I. Lenin mit einem kleinem Mädchen“ (З. Азгур „В. И. Ленин с девочкой“) und Mamyshevs handschriftlicher Widmung „Жене Козлову от Владика Monroe“ (Für Zhenya Kozlov von Vladik Monroe), 1989.

Möglicherweise entstand in diesem Zusammenhang Mamyshevs Idee zur Serie von 1990 „Politbüro“, die er Evgenij Kozlov widmete. Zumindest lässt dies eine Collage von Mamyshev aus dem Jahre 1989 vermuten, die sich in Kozlov Sammlung befindet. Auf ihr erkennt man Gorbachov neben Lenin sowie auf dem Leninmausoleum stehend die Mitglieder des Politbüros, unter ihnen Leonid Breshnev (zweiter von rechts). Meine Vermutung ist, dass es sich bei der Fotografie mit dem Mausoleum um die Zeit um 1980 handelt, und zwar mit folgenden Akteuren (von links nach rechts): Yuri Andropov oder Andrey Kirilenko, Nikolay Podgorny, nicht identifiziert, Andrey Grechko, Leonid Breshnev, Alexey Kosygin – oder so ähnlich.

Vladislav Mamyshev-Monroe: Übermalte Fotocollage mit Text, 1989: „Гениальный продолжатель дела Маркса и Энгельса Владимир Ильич Ленин в новых исторических условиях“ (Vladimir Ilyich Lenin, der geniale Fortführer der Sache von Marx und Engels in neuen historischen Gegebenheiten).

Vladislav Mamyshev-Monroe: Übermalte Fotocollage mit Text, 1989: „Гениальный продолжатель дела Маркса и Энгельса Владимир Ильич Ленин в новых исторических условиях“ (Vladimir Ilyich Lenin, der geniale Fortführer der Sache von Marx und Engels in neuen historischen Gegebenheiten).


Rückseite der Fotocollage mit Leninzitat (rechts angeschnitten): „Будьте начеку, берегите oбороноспособность нашей страны и нашей красной армии, как зеницу ока“ / Seid auf der Hut, bewahrt die Verteidigungsbereitschaft unseres Landes und unserer Roten Armee wie euren Augenstern. Oben signiert „Влаидик Monroe 89“, unten von Kozlov geschrieben „Коллекция Kozlov“ (Sammlung Kozlov).

Rückseite der Fotocollage mit Leninzitat (rechts angeschnitten): „Будьте начеку, берегите oбороноспособность нашей страны и нашей красной армии, как зеницу ока“ / Seid auf der Hut, bewahrt die Verteidigungsbereitschaft unseres Landes und unserer Roten Armee wie euren Augenstern.
Oben signiert „Влаидик Monroe 89“, unten von Kozlov geschrieben „Коллекция Kozlov“ (Sammlung Kozlov).

Zum Ende des Jahres 1991 war das Kapitel „Lenin“ für Kozlov im Großen und Ganzen abgeschlossen.

Aber auch die Stadt, in der Kozlov zu Hause war, befreite sich von Lenin: 1991 wurde Leningrad in Sankt Petersburg rückbenannt. Moskau, das politische Machtzentrum, hält hingegen Lenins sterbliche Überreste bis auf den heutigen Tag im Mausoleum auf dem Roten Platz eingelagert – als eine Art magische Verrichtung, die die Fortdauer der von den Bolschewiken usurpierten Macht garantieren soll.

Wenn man es genau nimmt, war selbst Sankt Petersburg nicht konsequent. Vor dem Finnländischen Bahnhof, auf dem Lenin-Platz, steht immer noch das Lenin-Denkmal von 1926. Und der Großraum um Sankt-Petersburg heißt weiterhin „Leningrader Oblast“. Man kann ja nie wissen.


1. Das Konzept der „Sammlung 2x3m“
2. Der Beginn der „Sammlung 2x3m“
3. (E-E) Evgenij Kozlov „Der Große Le-ye-nin”
4. Die Ausstellungen
5. Die Berliner Jahre
6. „Die Sammlung 2x3m“ aus heutiger Sicht
7. (E-E) Evgenij Kozlov – Kurzbiographie
8. Die Bilder der „Sammlung 2x3m“



Veröffentlicht am 24. April 2019
Zuletzt geändert am 31. August 2019